Herstellung magnetischer Speicherschichten
Der nachfolgende Bericht stellt eine Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse zur galvanotechnischen Herstellung von Schichten auf der Basis von Kobaltlegierungen für magnetische Speicher dar. Für mehrere der beschriebenen Verfahren wurden mir Patente erteilt. Einige dieser Verfahren werden noch heute verwendet.
Vorgeschichte:
Im Zeitraum von vor 1960 bis 1964 wurde im damaligen VEB Elektronische Rechenmaschinen (Wissenschaftlicher Industriebetrieb) Karl-Marx-Stadt ein elektronischer Kleinrechner entwickelt, der dann ab 1963 in den Mercedes Büromaschinenwerken AG Zella-Mehlis als SER2 produziert wurde. Dieser Kleinrechner besaß einen Magnettrommelspeicher. Die rotierende Trommel bestand aus Aluminium und hatte eine magnetische Beschichtung. Diese Beschichtung wurde zunächst mittels Ferrit (wie auf Tonbändern) hergestellt.
Im damaligen VEB Elektronische Rechenmaschinen Karl-Marx-Stadt wurden auch Versuche zur Abscheidung von CoNi-Legierungen durchgeführt. Was dort gemacht wurde war zumindest aus heutiger Sicht eine „wilde Probiererei“. Es mußte nicht nur die Frage der CoNi-Legierungsabscheidung gelöst werden, sondern auch prinzipiell das Galvanisieren von Aluminium. Bei der Vorbehandlung des Aluminiums wurde viel versucht: beizen, chemisches polieren, abscheiden von Zwischenschichten, ohne wirklichen Erfolg. Da 1964 noch immer kein ausgereiftes Verfahren zur Verfügung stand, wurde dann in den Mercedes Büromaschinenwerken Zella-Mehlis (später Robotron Zella-Mehlis) ein Messingmantel (ca. 3 mm dick) auf den Aluminiumkörper aufgezogen. So konnten wenigstens einige wenige Kleinrechner produziert werden. Diese Kombination aus Aluminium und Messing führte aber häufig zu einem Verziehen des gesamten Gebildes.
Die CoNi-Schichten konnten auch nicht reproduzierbar hergestellt werden. Es war mehr ein zufälliges Ereignis, wenn eine brauchbare Magnettrommel entstanden war. Meßtechnik für die Magnetschicht gab es praktisch nicht. Der beschichtete Trommelkörper wurde in einer Vorrichtung mit einem Schreib-Lesekopf betrieben. So konnte zwar überprüft werden, ob sich die Magnetschicht für einen Speicher eignete oder nicht. Messungen magnetischer Parameter wurden niemals durchgeführt, obwohl das damals zumindest in der Magnetbandproduktion durchaus üblich gewesen sein muß und somit wohl schon Stand der Technik war.
Beginn der eigenen Arbeiten:
Bei meinem Beginn der Tätigkeit im Juni 1964 mußten deshalb folgende Probleme gelöst werden:
- Die Vorbehandlung des Aluminiums einschließlich der Herstellung einer den Anforderungen gerecht werdenden Zwischenschicht.
- Die Stabilisierung und exakte Charakterisierung der Magnetschicht.
Vorbehandlung und Zwischenschichten:
1964 gab es handelsüblich Verfahren zur Vorbehandlung von Aluminium und zur Abscheidung galvanischer Schichten auf Aluminium. Diese handelsüblichen Verfahren führten aber teilweise zu einer starken Aufrauung der Oberfläche. Die Haftfestigkeit war oft mangelhaft und die aufgebrachten Schichten waren meistens nicht porenfrei. Deshalb wurden eigene Lösungen für die Reinigung des Aluminiums, Zinkatbehandlung und Zwischenverkupferung entwickelt und in die Produktion überführt.
Hohe Anforderungen mussten auch an die Qualität des Aluminiums gestellt werden. Aluminium kann immer Oxideinschlüsse haben. Solche Einschlüsse führen natürlich zu Störungen in der Magnetschicht, die diese durch Zwischenschichten nicht überdeckt werden können. Mit dem Materiallieferanten, dem damaligen VEB Walzwerk Hettstett , gab es dann eine spezielle Qualitätsvereinbarung, damit gesichert wurde, daß das Aluminium feinkörnig und weitestgehend frei von Oxideinschlüssen war. Für Festplattenspeicher sind ebenso hochwertige Aluminiumlegierungen erforderlich, sofern diese nicht aus anderen Materialien (Glas,Keramik) hergestellt werden.
Charakterisierung der Magnetschicht:
Erste Messungen konnte ich an einem Ferrografen an der TH Ilmenau, Institut für Physik (Ltg. Professor Winkler) durchführen. Die Hystereskurve wurde hier auf einem Oszillografen angezeigt. Die maximale Feldstärke betrug aber nur 500 Oe und es mußten auch relativ dicke Proben verwendet werden. Auch damals neuere handelsübliche Ferrografen hatten die gleichen Nachteile.
Deshalb war ein Eigenbau notwendig, mit welchem Feldstärken von zunächst 2000 Oe und später auch bis über 3000 Oe erreicht werden und auch sehr kleine, dünne Proben gemessen werden konnten. Von diesem Gerät wurden bei Robotron im Laufe der Jahre drei Exemplare gebaut (mit unterschiedlichen Vorverstärkern) und für die Entwicklung und Produktion eingesetzt. Das letzte Gerät, verbessert mit Datenausgabe über einen angeschlossenen PC habe ich noch heute im Einsatz.
Kobalt-Nickel-Legierungen:
Das ist die einfachste Art, eine Legierungsschicht mit einigermaßen hohem Hc abzuscheiden. Über mehrere Jahre hatten die Magnettrommelspeicher der Robotron-Kleinrechner diese Beschichtung.
Der Elektrolyt besteht nur aus Nickelsulfat, Kobaltsulfat und Borsäure und wird bei hohem pH-Wert betrieben. Der Hc-Wert liegt aber nur bei 240 Oe, die Rechteckigkeit aber konstant bei ca. 0,8. Für sehr hohe heute übliche Speicherdichten reichte das aber nicht aus. Deshalb wurden auch CoP- und CoNiP-Elektrolyte und stromlose Bäder untersucht, mit denen wesentlich höhere Hc-Werte erreicht werden können.
Kobalt-Phosphor-Legierungen:
Mit CoP-Elektrolyten konnten Hc-Werte bis ca. 1000 Oe erreicht werden. Die Elektrolyte enthalten Kobaltsulfat, Natriumhypophosphit, Carbonsäuren, Komplexbildner und weitere Zusätze. Für die Anwendungen bei den Robotron-Plattenspeichern mußte der Hc-Wert sogar durch Zugabe von Eisen auf 500 Oe abgesenkt werden.
Bei Robotron wurden ursprünglich 14“-Wechselplattenspeicher und nach mehrjähriger Pause 14“-Festplattenspeicher gebaut. Dort wurden die härteren CoP-Schichten benötigt. Die Vorbehandlung wurde ähnlich durchgeführt, wie bei den Magnettrommelspeichern. Später wurde dann aber die galvanisch abgeschiedene Magnetschicht durch gesputterte Schichten abgelöst. Nur die Vorbehandlung erfolgte noch ähnlich wie bei den Trommelspeichern. Anstelle der Kupferschicht wurde aber eine dickere unmagnetische NiP-Schicht chemisch abgeschieden, die vor dem Sputterprozeß einer aufwendigen mechanischen Bearbeitung unterzogen wurde.
Stromlose Kobaltbäder:
Um die Kontaktierungsprobleme bei der galvanischen Abscheidung zu umgehen, wurden auch Versuche zur stromlosen Abscheidung unternommen. Es wurden durchaus brauchbare Elektrolytzusammensetzungen und Parameter gefunden, mit denen geeignete Schichten hergestellt werden konnten.
Stromlos abgeschiedene CoP- oder CoNiP-Schichten waren vor Jahren durchaus Stand der Technik bei der Magnetplattenproduktion.
Wegen der größeren Stabilität elektrolytischer Bäder wurde aber die stromlose Abscheidung bei Robotron in der früheren DDR nicht weiter verfolgt.
Heute können stromlose Bäder durch Online-Analytik und automatische Korrekturen sehr lange und sehr stabil betrieben werden. Magnetschichten für die Speichertechnik werden heute aber ausschließlich mittels Sputtertverfahren hergestellt. Stromlos werden nur noch die unmagnetischen Nickelunterschichten abgeschieden, sofern die Magnetplatten noch aus Aluminium bestehen.